Die Kleinbahn - Strecke und Technik

Gleich nach Verlassen des Bahnhofs in Hausdorf wird der Eulebach überquert, sodann wendet sich das Gleis am Südhang des Mittelberges dem Ziel entgegen. Es geht steil aufwärts (1 : 30), müssen doch bis zur Endstation 116m Höhe gewonnen werden.
Die Strecke mit einer Gesamtlänge von 4,69 km hatte unterwegs zwei Haltepunkte: in Neugericht (heute Sedzimierz) bei Leupolds Gasthaus (km 2,1) und in Niederwüstewaltersdorf (heute Walim Dolny) an der Täuber-Mühle bei km 3,4, bis sie schließlich im Stadtzentrum von Wüstewaltersdorf einige Meter über dem Straßenniveau endete. Die Projekte, die die Strecke bis zur Fabrik oder gar noch weiter ins Gebirge verlängern sollten, gingen über das Stadium der Planung nicht hinaus.
Das Gleis ist regelspurig ausgeführt,so daß im Bahnhof Hausdorf eine unmittelbare Überführung der Güterwagen auf die Gleise der Staatsbahn erfolgen kann.


Die verwendeten Vignolschienen im Gewicht von 24,4 kg/m sind auf Holzschwellen und eigenem Bahnkörper verlegt. Vergleichende Berechnungen der Anlage- und Betriebskosten hatten die Überlegenheit des elektrischen Betriebes über den Dampfbetrieb ergeben. Auf Grund der angestellten Untersuchungen entschied man sich für den Betrieb mit Gleichstrom von 1000 Volt. Trotz der geringen Streckenlänge erwies sich die Verwendung dieser hohen Spannung mit Rücksicht auf die erhebliche Steigung der Bahnstrecke und die Verlegung der Fahrdrahtspeisung an das eine Ende der Bahnlinie als vorteilhaft.


Der Oberbau war für einen Achsdruck von 12 t ausgelegt, die größte Steigung betrug immerhin 3,7 %. Es wurden Schienen der Form 6 verlegt, die Weichen lieferte Orenstein & Koppel. Vor den Bahnhöfen Wüstewaltersdorf und Hausdorf standen Einfahrt-Formhauptsignale mit festen Form-Vorsignalen. Alle technischen und die Betriebsführung betreffenden Bedingungen sollten dem "Gesetz über Kleinbahnen" vom 28. Juli 1892 entsprechen.


In Anbetracht der kurvenreichen Strecke mußte auf den Vorteil des Vielfachaufhängungs-Systems fur die Fahrleitung verzichtet werden; es wurde deshalb die bei Straßenbahnen gebräuchliche Aufhängung der Fahrleitung an Masten mit einem mittleren Abstandvon 35 m gewählt. Auf der freien Strecke wurden impragnierte Holzmasten mit einer nutzbaren Länge von 6,3 m aufgestellt; auf den Bahnhöfen und Haltepunkten, auf denen mehrere Gleise zu überbrücken waren, fanden Gittermaste mit Querabspannung Verwendung. Im übrigen tragen Holz- und Gittermaste Armausleger von etwa 2,6 m Ausladung, an denen die Fahrleitung mittels Querdrahten befestigt ist.

Die Fahrleitung liegt in einer Höhe von 5,5m über Schienenoberkante und besteht aus hartgezogenem Rillenkupferdraht von 80 qmm Querschnitt. Auf der freien Strecke in Abständen von etwa 1 km sowie auf den B ahnhöfen sind Streckenunterbrecher mit Schalter eingebaut. Zum Ausgleich der Durchhangsänderungen des Fahrdrahtes sind in Entfernungen von etwa 300 m von Hand bedienbare Nachspannvorrichtungen eingebaut. Hörnerfunkenableiter sichern die einzelnen abschaltbaren Streckenabschnitte gegen atmosphärische Entladungen.

 

Der aus dem Kraftwerk "Schlesien" stammende Wechselstrom wurde mittels zweier Umformer auf eine Sekundärspannung von 1000 Volt (Gleichspannung) gebracht. Die elektrische Ausrüstung für Fahrzeuge und Anlagen lieferte die AEG.
Das den Fahrleitungsstrom liefernde Umformerwerk ist am Bahnhof Wüstewaltersdorf mit dem Wagenschuppen und der Werkstatt vereinigt. Es umfaßt zwei Drehstromtransformatoren und zwei Nebenschluß-Einankerumformer von je 125 KW Leistung. In den Transformatoren wird der żur Verfügung stehende 50 periodige Drehstrom von 20 000 Volt Spannung auf 680 Volt herabgesetzt und in den Einanker-Umformern in Gleichstrom von 1000 Volt umgewandelt. Die Leistung der Umformer, deren Drehzahl 1500 in der Minute beträgt, ist so bemessen, daß eine Maschine für den vollen Betrieb der Bahn ausreicht, während die andere als Ersatz oder zur Aushilfe dient.



Transformatorenhaus (links im Bild) und Wagenschuppen
mit E-Lok in Wüstewaltersdorf ca. 1915

An Betriebsmittein besitzt die Bahn außer einer Anzahl Beiwagen für Personen-, Gepäck- und Stückgutbeförderung eine zweiachsige Lokomotive und einen zwei-achsigenTriebwagen. Trotz der kurzen Strecke wurden zwei Wagenklassen angeboten. Die Fahrzeuge lieferte die Hannoversche Waggonfabrik Bremen, sie waren weiß-rot lackiert.

Die Lokomotive hat ein Dienstgewicht von 25 t und besitzt Zug- und Stoßvorrichtungen, Kupplungen und Puffer nach den Normalien der Preußischen Staatsbahn, um eine Kupplung mit Güter- und Abteilwagen der Staatsbahn vornehmen zu können.

Zu beiden Seiten des Führerhauses der Lokomotive sind unter einer einer Blechverkleidung Räume für Kompressoren, Anfahrwiderstände, Sand- undLuftbehälter sowie für Ballast vorhanden. Der Laufraddurchmesser der Radsätze beträgt 1100 mm bei einer Spurweite von 1435 mm. In Anbetracht der Steigungsverhältnisse der Bahn wurde auft die Ausbildung der Bremsen besondere Sorgfalt verwendet; die Bremsung erfolgt durch eine kräftig wirkende Handbremse und Zweikammerluftdruckbremse, die beide unabhängig voneinander auf dasselbe Gestänge wirken.

Zur elektrischen Ausrüstung gehören zwei wasserdicht gekapselte Hauptstrommotoren der Bauart U 110. Jeder Motor entwickelt am Laufradumfang eine Einstundenleistung von 67 KW (= 90 PS) bei einer Klemmenspannungvon 900 Volt. Dies entspricht einer gesamten Zugkraft von 3300 kg am Zughaken. Hiernach kann die Lokomotive rund 80 t angehängtes Zuggewicht mit einer Geschwindigkeit von 10-12 km/Std. auf der Bergstrecke befördern. Bei Belastung mit nur drei Beiwagen mit 30 t Ladegewicht entwickelt die elektrische Lokomotive eine Stundengeschwindigkeit von 20km auf der Bergfahrt.
Außerdem sind bei der elektrischen Ausrüstung der Lokomotive ein automatischer Schalter zurVermeidung von schädlichen Überlastungen der Motoren, ferner ein Blitzableiter, Signallampenund Deckenlampen für die Beleuchtung vorhanden.
Die Bügelstromabnehmer können bei Fahrtrichtungswechsel vom Führerstand aus umgelegt werden.

Bei Bergfahrt konnte der Triebwagen 42 t, die Lok 80 t befördern, in der Praxis wurden jedoch diese Höchstlasten vermieden.

 

Technische Daten der E-Lok im Überblick:


Höhe - 3325 mm
Radstand - 2500 mm

Montagehöhe Fahrdraht - 5500 mm
Laufraddurchmesser der Radsätze - 1100 mm
Zugkraft am Zughaken: 3300 kg
Konstruktionsgeschwindigkeit:40 km/h


zwei wasserdicht gekapselte Hauptstrommotoren der Bauart U 110 Leistung pro Motor am Laufradumfang - Einstundenleistung von 67 KW (= 90 PS)
Lokomotive mit rund 80 t angehängtes Zuggewicht - Geschwindigkeit von 10-12 km/h
Lokomotive mit drei Beiwagen mit 30 t Ladegewicht - Geschwindigkeit von 20 km/h bei Bergfahrt


 

Der Triebwagen weist in seinem mechanischen Aufbau vollständig geschlossene Vorbauten für den Führerstand und sechs Stehplätze auf. Der übrigeWagenraum verteilt sich auf 20 Sitzplätze in der dritten Klasse und acht in der zweiten Klasse. Außerdem ist im Triebwagen ein Post- und Gepäckabteil mit klappbaren Querbänken eingebaut, die als Notsitze für die Fahrgäste gedacht sind.

 

Die elektrische Ausrüstung des Triebwagens besteht aus zwei Hauptstrom-Wendepolmotoren der Bauart U 101 h, die je eine normale Stundenleistung von 62 KW(= 84 PS) bei 580 Umdrehungen in der Minute abgeben. Der Triebwagen kann ein Zuggewicht bis 42 t aufder Bergfahrt mit einer mittleren Geschwindigkeit von 12 bis 15 km/Std. befördern. Das Zahnradvorgelege hat ein Übersetzungsverhaltnis 1 : 5,93. Die sonstige elektrische Ausrüstung des Triebwagens ist ähnlich derjenigen der Lokomotive. Der Trieb- und die Anhängewagen sind mit elektrischer Beleuchtungs- und Heizungseinrichtung versehen, die durch Leitungskupplungen an den Stromkreis des Triebfahrzeuges angeschlossen sind.
(soweit die technischen Auszüge aus den AEG-Mitteilungen von 1922)


Im Jahr 1915 gehörte diese Kleinbahn zu einer der sieben elektrischen Kleinbahnen in Niederschlesien, und sie war die einzige, die auch außerhalb eines Stadtgebietes verkehrte.


Gelegentlich wurde der Bahnhof in Wüstewaltersdorf auch von Dampfzügen angefahren. Im Winter kamen Wintersportler mit Sonderzügen aus Breslau und Schweidnitz. Auch größere Kohlelieferungen für die Fabrik Websky, Hartmann und Wiesen AG kamen per Dampfzug aus Waldenburg an, die e-Loks besassen für grosse Kohle-Transport nicht genügend Zugkraft.